Antikolonialismus

Foto: Dominik Luckmann auf unsplash

Kolonialismus aufarbeiten und Erinnerungsarbeit fördern

Das Unrecht dieser Epoche schreibt sich fort, das Erbe dieser Zeit ist vielerorts in Hamburg zu sehen. Nicht überall wird es als solches Erbe markiert oder direkt erkannt. Sprachlich wird die Zeit oft verharmlost, indem von „Kaufmannsindustrie“ gesprochen wird.

Hamburg ist als Industrie- und Handelsstadt eng verflochten mit dem europäischen Kolonialismus. Genauer gesagt war Hamburg in die Ausbeutung des globalen Südens tief verstrickt. Der Reichtum, den Hamburger Kaufleute anhäuften und in die Stadt brachten, basierte auf der Abschöpfung von Arbeitskräften, Waren und Ressourcen aus Kolonialgebieten. Dabei wirkt der neutral daherkommende Ausdruck „Abschöpfung“ wie ein Euphemismus. Das Handelssystem fußte auf Sklaverei, unfairen Handelsbedingungen und Enteignungen. Das koloniale Herrschafts- und Handelssystem ist mit Gewalt durchgesetzt worden und hat Verarmung, Hunger und Leid hinterlassen. 
 

Das Unrecht dieser Epoche schreibt sich fort, das Erbe dieser Zeit ist vielerorts in Hamburg zu sehen. Nicht überall wird es als solches Erbe markiert oder direkt erkannt. Sprachlich wird die Zeit oft verharmlost, indem von „Kaufmannsindustrie“ gesprochen wird.  Noch immer zeugen Straßen, Plätze und Gebäude davon, dass diese Geschichte nicht hinreichend aufgearbeitet ist. Die Bismarck-Statue, die zuletzt in die öffentlich Debatte kam, ist ein Symbol des deutschen Großmachtstrebens, das bis heute zu wenig aufgearbeitet ist. Sie ist aber eher die bedrückende Spitze eines Eisberges.
 

Die Geschichte ist insbesondere relevant, weil das entstandene Unrecht nicht behoben wurde, sondern in diverser Form weiterlebt. Ein Beispiel dafür sind die Ehrungen von Chauvinist*innen oder ihren Ideologien. Wichtiger sind aber die wirtschaftlichen Beziehungen der globalisierten Ordnung, die ohne die koloniale Vergangenheit anders aussähen. Ein anderer Punkt sind die bereits verschleppten Reichtümer, Ressourcen und Kunstschätze, die nie zurückgegeben oder fair entschädigt wurden. So schreibt sich nicht bloß der Schaden, sondern auch das Machtgefälle zwischen ehemalig Kolonisierten und den Profiteur*innen der Kolonisation fort. Nicht zuletzt bleiben auch die Ungleichheitsideologien bestehen, die dem Kolonialismus als Legitimationsgrundlage dienen, allen voran der Rassismus. Rassistische Denkstrukturen sind der Auswuchs imperialer Verhältnisse und gleichzeitig ihre Verschleierung. Denn Rassismus verklärt die Konsequenzen materiellen und kulturellen Unrechts. Die historisch bedingten Ungleichheiten, die zu Flucht und Vertreibung führen, werden im rassistischen Denken ebenso ausgeblendet, wie die Gründe für die Nachteile von Migrant*innen und ihrer Nachkommen.


 

Es ist den chauvinistischen Ideologien eigen, die Benachteiligten für Ungleichheiten verantwortlich zu machen und sie mit dem gesellschaftlichen Unrecht zu identifizieren. Daher ist die Erforschung des Kolonialismus dermaßen wichtig.

So wird verständlich, warum Überlebenschancen und die Möglichkeiten zur Bedürfnisbefriedigung über den Globus so ungleich verteilt sind. Die Erforschung macht deutlich, wer heute noch Profiteur*innen dieser historisch geschaffenen Ungleichheiten sind und warum sie so beharrlich fortbestehen. Dabei sensibilisieren die historischen Einblicke auch für die Fortführungen imperialer Herrschaft. Internationale Handel- und Finanzpolitik ist immer auch Instrument nationaler Konkurrenz zwischen Nationalstaaten und internationaler Ausbeutung.

In Hamburg gibt es mit der Forschungsstelle „Koloniales Erbe“ einen wissenschaftlichen Zusammenhang, in dem dieser Aspekt der Hamburger Geschichte aufgearbeitet wird. Ebenso leistet der Arbeitsbereich Globalgeschichte Wichtiges auf diesem Gebiet. Es darf nicht vergessen werden, dass dieser Teil der Geschichtswissenschaft marginalisiertes Wissen aufarbeitet und Herrschaft notwendigerweise hinterfragen muss. So sind diese Forschungsbereiche leider keine Selbstverständlichkeit, müssen aber aus einem demokratischem Interesse heraus gefördert werden. Daher habe ich mich mehrfach dafür eingesetzt die Finanzmittel für die Forschungsstelle zu verstetigen. Für den Haushaltsplan 2023/2024 der Hamburgischen Bürgerschaft habe ich zusammen mit meiner damaligen Kollegin Ann-Kathrin Kammeyer (jetzt: Behr) von der SPD dafür gesorgt, dass die Forschungsstelle „Koloniales Erbe“ für den Zeitraum des Haushaltsplan sowie in veränderter Form 25/26 erhalten bleibt. Sie soll jetzt als Profilinitiative in der Universität Hamburg weiterarbeiten. Die Zukunft der Stelle nach 2026 ist leider noch teilweise ungewiss, daher setze ich mich in meiner Arbeit als Politikerin weiterhin für diese und vergleichbare Stellen ein.
 

Am 07. April 2024 habe ich einen kleinen Beitrag zur Harburgischen Erinnerungspolitik leisten können, als ich zusammen mit Aktiven des KV Harburg einen Kritischen Stadtrundgang organisiert habe. Neben der Harburger und Hamburger Kolonialgeschichte wurden im Rahmen dieser Veranstaltung auch Orte der jüdischen und der Arbeiter*innengeschichte gezeigt. Dabei wurde die politische Ökonomie und autoritäre Dynamiken in Vergangenheit und Gegenwart kritisch eingeordnet.
 

In Zukunft werde ich auch wieder ähnliche Rundgänge anbieten.

Auch in Harburg finden sich zahlreiche Spuren des Kolonialismus. Auch heute noch sind wir eingebunden in ein neokoloniales Wirtschaftssystem. Es gilt daher sich mit der Geschichte unserer Stadt zu befassen.